2 Bedingte Wahrscheinlichkeit und der Satz von Bayes
Idealerweise ist ein medizinischer Test immer zu 100% zuverlässig. Allerdings wissen wir aus der Praxis, dass es immer wieder zu falsch-positiven oder falsch-negativen Testergebnissen in der Medizin kommt. Das beste worauf wir also hoffen können, ist das ein Test mit sehr großer Wahrscheinlichkeit richtig liegt. Somit sollte ein Test so gestaltet sein, dass die Wahrscheinlichkeit, dass ein Patient tatsächlich krank ist, wenn der Test dies anzeigt, sehr groß ist.
Intuitiv ist das alles sehr einleuchtend. Allerdings sollten wir das auch noch mathematisch formal präzisieren. Offensichtlich können wir die gesuchte Wahrscheinlichkeit nicht einfach mit
Ein naiver Ansatz wäre nun also zu vermuten, dass die gesuchte Wahrscheinlichkeit
Allerdings können wir uns überlegen, dass wir zusätzlich zu unseren vorherigen Überlegung den Grundraum auf die Fälle einschränken können, in denen
Definition 2.1 (Bedingte Wahrscheinlichkeit) Es seien
In diesem Zusammenhang bietet es sich auch an, dass Konzept von Unabhängigkeit zu erwähnen. Intuitiv ergibt es Sinn zwei Ereignisse als (stochastisch) unabhängig voneinander zu betrachen, wenn die Wahrscheinlichkeit, dass beide Ergebnisse eintreten, sich als Produkt der beiden Einzelwahrscheinlichkeiten ergibt. Formal definieren wir
Definition 2.2 (Unabhängigkeit) Es seien
Verknüpft man dies mit Definition 2.1 so stellt man fest, dass für unabhängige Mengen
Beispiel 2.1 Aus medizinischen Studien wissen wir, dass Rauchen das Risiko erhöht, an Lungenkrebs zu erkranken. Die untersuchte Größe ist hier also
Um dennoch die gesuchte Größe zu berechnen, hilft uns der Satz von Bayes.
Theorem 2.1 (Bayes) Es sei
Somit stellt der Satz von Bayes, benannt nach dem Pfarrer Thomas Bayes, fest, dass die bedingten Wahrscheinlichkeiten proportional zueinander sind, wenn man Bedingung und zu untersuchendes Ereignis miteinander vertauscht. Zugleich liefert der Satz von Bayes den passenden Proportionalitätsfaktor dazu.
Ein letztes nützliches Werkzeug in diesem Zusammenhang ist der Satz über die totale Wahrscheinlichkeit. Dieser ermöglicht es, die Wahrscheinlichkeit eines Ereignisses durch die Zerlegung des Grundraumes als gewichtetes Mittel der zugehörigen bedingten Wahrscheinlichkeiten zu berechnen.
Theorem 2.2 (Totale Wahrscheinlichkeit) Es sei
Nach dem Satz von Bayes gilt
Beispiel 2.2 ((Eddy 1982)) Eine Patientin hat einen Knoten in der Brust woraufhin eine Mammographie durchgeführt wurde deren Befund zurückliefert, dass die Patienten einen bösartigen Tumor hat. Weiterhin sei bekannt, dass
1% aller Brusttumore bösartig sind.
Mammographien einen bösartigen Tumor in 80 % der Fälle als solchen erkennen und in den sonstigen Fällen als gutartig einstufen.
Mammographien einen gutartigen Tumor in 90 % der Fälle als solchen erkennen und in den übrigen Fällen als bösartig einstufen.
Gesucht ist nun die bedingte Wahrscheinlichkeit
Anmerkung. Das vorangegangene Beispiel wurde als Verdeutlichung für logische Trugschlüsse aufgeführt. Aus aktuellen Anlässen sei an dieser Stelle erwähnt, dass aus diesem fiktiven Beispiel keine Rückschlüsse auf aktuelle medizinische Praxis in Bezug auf Mammographien oder sonstige Untersuchungen möglich ist.